Wie Krankheiten sich in der Atemluft spiegeln

Blutuntersuchung, Urintest und die Analyse von Gewebeproben sind Beispiele für bewährte medizinisch-diagnostische Untersuchungsmethoden, die seit langem ihren festen Platz in der ärztlichen Praxis haben. Seit einiger Zeit kommt in einzelnen Facharztpraxen für Gastroenterologie (Magen-Darm-Erkrankungen) ausserdem ein neues, ergänzendes Diagnoseverfahren zum Einsatz: die Untersuchung der Ausatemluft durch Atemgasanalyse.

Atemgasanalyse kann zur Abklärung bestimmter Krankheitsbilder des Magen-Darm-Trakts wie Milchsäure- oder Fruchtsäure-Unverträglichkeit eingesetzt werden. Auch in der Sportmedizin hat sie sich bereits etabliert, sie dient hier beispielsweise zur Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit.

Seit neuester Zeit wird nun erforscht, ob und wie das Diagnosepotenzial der Atemluft künftig noch beträchtlich erweitert und für die nicht-invasive Abklärung von Krankeiten wie beispielsweise Lungen- oder Speiseröhrenkrebs, Asthma, Diabetes oder Alzheimer eingesetzt werden könnte. Vielversprechend ist dabei, dass die Untersuchung der Atemluft sich in vielen Fällen besonders gut zur Früherkennung zu eignen scheint. Von Beginn an, noch bevor überhaupt Symptome auftreten, hinterlassen Krankheiten bereits Spuren in der Atemluft, die mittels Atemgasanalyse nachgewiesen werden können. In bestimmten Fällen liefert eine Untersuchung der Atemluft darüber hinaus wesentlich präzisere Ergebnisse als andere Untersuchungsmethoden.

Ausgangspunkt der neuen Forschungen waren mehrere kleinere Studien, die zeigten, dass Hunde, die an der Atemluft von gesunden und von krebskranken Probanden rochen, mit einer hohen Trefferquote die Krebspatienten «herausschnüffeln» konnten. Offensichtlich war die Ausatemluft der erkrankten Personen in ihrer chemischen Zusammensetzung anders beschaffen als die der gesunden Probanden. Mit der Ausatemluft atmen wir nicht nur CO2 im Austausch mit dem eingeatmeten Sauerstoff aus, sondern ausserdem unzählige weitere biologische Substanzen in gasförmiger oder flüssiger Form. Der Mix dieser «biologischen Marker», ihre Zusammensetzung, ändert sich je nach Gesundheitszustand auf charakteristische Weise.

Bereits viele dieser «biologischen Marker» können mittlerweile im Labor durch die Untersuchung der Ausatemluft nachgewiesen werden. Es gibt dazu zwei Verfahren. Das eine, die bereits erwähnte Atemgasanalyse, misst flüchtige (gasförmige) Substanzen in der Ausatmluft, und dies bereits in kleinsten Konzentrationen. Mit dem anderen, einer Analyse des Atemkondensats (das sind jene kleinen Flüssigkeitströpfchen, mit denen sich das Fensterglas durch den Atemhauch beschlägt) können zahlreiche weitere biologische Substanzen bis hin zu DNA-Bestandteilen nachgewiesen werden.

Die Analyse der Ausatemluft hat als Untersuchungsmethode viele Vorteile für die Patienten. Da sie nicht-invasiv ist (keinen Eingriff in den Körper erfordert), ist sie angenehmer und schmerzfreier als etwa eine Blutabnahme oder eine Gewebeprobe-Entnahme (Biopsie). Ein weiterer Vorteil ist, dass Atemproben mit relativ einfachen Geräten entnommen werden können, beispielsweise auch zu Hause vom Patienten selbst, der die Probe dann einschickt. Atemgasmessungen können beliebig oft wiederholt werden (anders als etwa eine Blutabnahme) und mit geeigneten Instrumenten sogar in Echtzeit ausgewertet werden, was eine kontinuierliche Beobachtung der Veränderung von Körpersubstanzen, beispielsweise im Schlaflabor oder in der Intensivmedizin, ermöglicht.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt zeigen sich in klinischen Tests bereits vielversprechende Potenziale für die Diagnose mit Atemgasanalyse. Doch bis dieses Untersuchungsverfahren als Diagnose-Instrument «marktreif» für die Arztpraxis wird, bedarf es noch etlichen Forschungsaufwands, vor allem zur Standardisierung der Messverfahren.

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