Giulia Enders, eine junge Medizin-Doktorandin aus Deutschland, kam durch eine eigene rätselhafte Hautkrankheit, die sich mit den verfügbaren medizinischen Mitteln nicht wirklich kurieren liess, darauf, sich eingehender mit den Zusammenhängen von Haut, Nahrung und Darm zu beschäftigen.
Der Darm als faszinierendes Thema liess sie seither nicht mehr los, und so hat sie den Bestseller «Darm mit Charme» verfasst. Ihr erklärtes Anliegen ist, die bisher vorliegenden sowie auch die teilweise noch hinter den Labortüren wissenschaftlicher Exklusivität gehandelten Erkenntnisse des jungen Forschungszweigs «Darm» allgemeinverständlich vorzustellen. Die Autorin möchte mit sachdienlichen Informationen nicht zuletzt denjenigen Menschen unter die Arme greifen, die – ähnlich wie einst sie selbst – mit ihren «unerklärlichen» Leiden trotz ärztlicher Bemühungen nicht weiterkommen.
Es ist ihr gelungen, ein überaus vergnügliches und lesenswertes Buch zu einem eher randständigen und heiklen Thema zu verfassen. Giulia Enders zeichnet in locker-humorvoller Sprache ein spannendes und unterhaltsames «Portrait» unseres Verdauungstrakts und schafft dabei das Kunststück, die Sachverhalte mit der gebotenen wissenschaftlichen Genauigkeit darzustellen, ohne dafür auf hochtrabend-unverständliches Fachchinesisch zurückzugreifen. Ihre Begeisterung für ihren Forschungsgegenstand überträgt sich augenblicklich auf den Leser, sobald im ersten Kapitel von den zwei Schliessmuskel-Kollegen die Rede ist, die sich buchstäblich verstehen und zusammenarbeiten müssen, damit das Geschäft auf der Toilette zustandekommt. Dass der innere Kollege von der «unbewussten» und der äussere von der «bewussten» Fraktion ist, und die Kommunikation zwischen ihnen durch allerlei soziale Zwickmühlen und gesellschaftliche Tabus verkompliziert werden kann, veranschaulicht auf kürzestem Weg die psychologischen Aspekte so manchen Verstopfungs-Dramas.
Nach einer ebenso spannenden wie unterhaltsamen Rundreise durch den anatomischen Aufbau des Verdauungstrakts nimmt die Autorin ihre Leser dann in die Welt der Bakterien, Pilze und Viren mit. Wussten Sie, dass 95% der in Ihrem Organismus lebenden Bakterien gutartig sind und für Sie sogar eine Vielzahl von teilweise lebenswichtigen Aufgaben erledigen, zu denen Ihre eigenen Zellen gar nicht in der Lage wären?
Die Autorin erklärt, warum Hygiene, bakteriengerecht verstanden, vor allem eine Frage des ökologischen Gleichgewichts zwischen vielen guten und wenigen schlechten Bakterien ist und wie die winzigkleinen bakteriellen Helfer – die “Guten” – im Darm mit Probiotika und Präbiotika stark gemacht werden können. Es lohnt sich, die guten Mikroorganismen in unserer Darmflora bei Laune zu halten – denn unser Bauch steuert uns weit mehr, als wir vermuten. Eines der spannendsten Kapitel des Buches widmet sich der Zusammenarbeit von Darm und Gehirn. Neue Forschungen untersuchen zur Zeit die Frage, in wieweit unsere Darmflora bei der Entstehung von Depressionen, Ängsten und Übergewicht beteiligt ist.
Giulia Enders: Darm mit Charme. Alles über ein unterschätztes Organ. Ullstein Verlag 2014
Leseprobe auf der Website der Autorin: www.darm-mit-charme.de