Zwerchfell und Beckenboden gehören zu den Querstrukturen des Körpers und bestehen beide aus kräftigem, elastischem Muskelgewebe. Das Zwerchfell – unser Hauptatemmuskel – ist eine kuppelförmig aufgewölbte Muskelplatte. Es liegt etwas über Nabelhöhe quer im Leib und trennt den Brustraum von der Bauchhöhle. Der Beckenboden ist aus drei übereinander liegenden Muskelschichten aufgebaut und verschliesst das kleine Becken gegen unten. Er trägt und stützt die Bauchorgane und stabilisiert sie in ihrer Lage. Er ist ausserdem daran beteiligt, dass Anus und Harnöffnung geöffnet und wieder verschlossen werden können.
Zwerchfell und Beckenboden stehen über die Faszien (Bindegewebsstränge und Bindegewebshüllen) des M. Psoas Major sowie über die Atembewegung in Verbindung und arbeiten für mehrere wichtige Funktionsabläufe im menschlichen Körper eng zusammen.
Beim Atmen
Im Einatmen spannt sich das Zwerchfell an, seine Kuppeln senken sich ab, und die Luft strömt in die Lungen. Die Atemdruckwelle pflanzt sich nach unten fort bis zum Beckenboden. Der Beckenboden entspannt sich in der Einatemphase, gibt der Atemdruckwelle nach und unterstützt durch sein elastisches Nachgeben die tiefe Bauchatmung. Im Ausatem entspannt sich das Zwerchfell und steigt hoch. Der Beckenboden spannt sich an, steigt Richtung Bauchhöhle hoch und vollzieht unterstützend die Ausatmung mit. Für die Atmung ist das Zusammenspiel von Zwerchfell und Beckenboden antagonistisch (ist der eine Muskel angespannt, ist der andere entspannt, und umgekehrt). Aufgrund des engen Zusammenspiels von Beckenboden und Zwerchfell bei der Atmung kann über die Atmung der Beckenboden direkt angesprochen und beeinflusst werden.
Bei der Bauchpresse
Die Bauchpresse – eine Erhöhung des Druckes im Bauchraum unter Gegenspannung der umgebenden Muskulaturen – kommt zum Einsatz beim Husten, Niesen, Erbrechen, beim Pressen in der Austreibungsphase der Geburt sowie beim Heben schwerer Lasten zur Stabilisation der Wirbelsäule. Bei der Bauchpresse werden die Stimmlippen verschlossen, das Zwerchfell spannt sich an und senkt sich ab, Bauch- und Beckenbodenmuskulatur spannen an (der Beckenboden steigt hoch). Für die Bauchpresse arbeiten Beckenboden und Zwerchfell synergistisch zusammen (= beide sind gleichzeitig angespannt oder entspannt).
Bei der Aufrichtung und Stabilisation der Wirbelsäule
Beckenstellung, Haltung, Atem- und Beckenbodenmuskulatur spielen bei der Aufrichtung der Wirbelsäule besonders eng zusammen und beeinflussen sich wechselseitig. Beckenfehlstellungen wie z.B. das Hohlkreuz schränken die dorsale (rückenseitige) Zwerchfellbewegung Richtung Beckenboden ein und begünstigen einen überdehnten Beckenboden und schlaffe Bauchmuskulatur. Umgekehrt wird durch eine kräftige Zwerchfelltätigkeit eine gute Mittelkörperspannung erreicht, die tiefe Rückenmuskulatur entlastet sowie die Beweglichkeit des Beckens und die Flexibilität des Beckenbodens gefördert. Ein elastischer, funktionstüchtiger Beckenboden gibt den Bauchorganen Halt, stabilisiert und tonisiert die Rumpfmuskulatur und begünstigt eine aufrechte Haltung der Wirbelsäule. Durch die Atemmuskulatur, die an verschiedenen Stellen der Wirbelsäule ansetzt, wird die Wirbelsäule im Einatem leicht gestreckt und im Ausatem wieder in ihre ursprüngliche Stellung zurückgebracht; die Atembewegung belüftet auf diese Weise mit jedem Atemzug die Bandscheiben und flexibilisiert die Haltemuskulatur der Wirbelsäule.
Anspannung und Entspannung sind gleichermassen wichtig
Wie bei allen Muskeln besteht die Tätigkeit von Zwerchfell und Beckenboden im Anspannen und Entspannen, und beide Strukturen können sowohl verspannt sein (= das Entspannen ist nicht mehr möglich) wie auch unterspannt sein (= das Anspannen gelingt nicht mehr ausreichend). Ein optimales Funktionieren von Beckenboden und Zwerchfell bedingt, dass Spannen und Lösen gleichermassen möglich sind und die Muskulatur elastisch bleibt.