Wenn wir atmen, wiederholen sich zyklisch aufeinanderfolgend die drei Atemphasen von Einatmung, Ausatmung und Atemruhe. Eine vollständige Abfolge dieser drei Phasen wird Atemzyklus genannt. Sind wir entspannt und ruhig, sind alle drei Phasen ungefähr gleich lang.
Bei körperlicher Beanspruchung oder psychischer Belastung verkürzt sich meist als erstes die Atemruhe oder sie verschwindet ganz. Bei länger andauernden Belastungen erfahren auch die anderen zwei Atemphasen individuell verschiedene Veränderungen, die sich zu chronischen Atemmustern verfestigen können.
Die Länge der Atemphasen kann ausserdem willentlich beeinflusst werden – wenn wir beispielsweise einen besonders langen Einatemzug nehmen oder beim Singen die Ausatemphase verlängern, indem wir den Ausatem zur Melodie formen.
Die Einatemphase
Während der Einatmung ziehen sich die Einatemmuskeln zusammen und erweitern so aktiv den Brustkorb. Die Lunge, die über das Brustfell mit dem Brustkorb verbunden ist, folgt dessen Bewegung, und auch ihr Volumen erweitert sich, so dass innerhalb der Lunge ein Unterdruck entsteht. Durch diesen wird die Atemluft in die Lunge «gesogen», bis ein Druckausgleich zwischen Lungeninnenraum und Aussenraum erreicht ist.
Während der Ruheatmung – in entspannter Verfassung ohne körperliche oder seelische Belastung – genügt für die Einatmung der Einsatz der Einatemmuskulatur (Zwerchfell, Zwischenrippen- und Treppensteigermuskeln). Bei körperlichen Anforderungen oder seelischen Belastungen kommt vom Atemsteuerungszentrum ein stärkerer Einatemimpuls, der umgesetzt wird, indem zusätzlich die Einatem-Hilfsmuskulatur in Anspruch genommen wird.
Die Ausatemphase
In der Ausatemphase entspannt sich die Einatemmuskulatur wieder, und das Volumen von Brustkorb und Lunge verkleinert sich, so dass in der Lunge nun durch die darin befindliche, zuvor eingeatmete Luft ein Überdruck gegenüber dem Aussenraum entsteht. Die Luft strömt aus der Lunge aus, bis der Druckausgleich zwischen Lungeninnenraum und Aussenraum erneut erreicht ist. Unterstützt wird das Ausströmen der Luft von der elastischen Kraft der Lunge, sich nach innen zusammenzuziehen (Retraktionskraft).
Während der Ruheatmung genügt für die Ausatmung das Nachlassen der Einatemspannung, d.h. das Entspannen der Einatemmuskulatur. Bei körperlichen Anforderungen oder seelischen Belastungen kommen zusätzlich spezielle Ausatemmuskeln (unter anderem gerade und seitliche Bauchmuskeln) zum Einsatz, die das Verkleinern von Brustkorb und Lunge aktiv unterstützen.
Die Atemruhe
Nach der Ausatemphase folgt eine Phase der Atemruhe, in der sowohl die Einatem- wie auch die Ausatemmuskulatur entspannt ist und der Druck im Lungeninnenraum gleich gross ist wie der Druck im Aussenraum. Der Atem ruht, das heisst, es strömt keine Atemluft. Seelisch und körperlich wird die Atemruhe als eine Phase der Ruhe, der Entspannung und der Stille erfahren. Die Atemruhe ist denn auch von einiger Bedeutung für die Regeneration des Organismus.